Kein Office-Update – Wen wundert’s?

In einem aktuellen Artikel berichtet cio.de, dass rund 60% der befragten deutschen Unternehmen Office-Versionen fünf Jahre und länger nutzen: „Kollaborations- und Arbeitsprozesse sind dadurch wenig effizient und flexibel.“
Das ist aber nicht wirklich verwunderlich…

Wenn man sich anschaut, wie auch heute noch die „Königin“ der Office-Anwendungen – nämlich das Textprogramm – eingesetzt wird, scheint zunächst einmal nur geringer Bedarf an aktuellster Software zu bestehen. Selbst in IT-nahen Bereichen erfolgt die Strukturierung und Gestaltung von Texten noch mit Leer- und Return-Taste. Für Hervorhebungen z. B. von Überschriften reicht ein Werkzeug zum fett Schreiben aus. Und ganz Gewiefte machen die Schrift noch kleiner oder größer. Ende der Werkzeugkiste. Vom Einsatz vordefinierter Formate oft keine Spur. Dagegen sind selbst Texte in einfachem HTML noch strukturiert und – in diesem Sinne – ausgezeichnet. Von semantischer Auszeichnung wollen wir erst gar nicht sprechen.

Und all das funktionierte schon vor fünfzehn Jahren und mehr. Meine liebste Erinnerung dazu betrifft ein Dokument, das ich vom QM-Beauftragten einer IT-Firma erhielt. Das bestand aus mehreren Seiten von Tabellen und ich sollte da stellenweise etwas einfügen. Allerdings waren die Texte in den Tabellen mit besagten Leer- und Return-Tasten „formatiert“ und die Tabellengitter anschließend mit einer Zeichenfunktion darüber gemalt. Das ist – zugegebenermaßen – schon eine Weile her. Dafür wird heute gerne mal der Überarbeitungsmodus bekannter Anwendungen durch explizites Rot- oder Blaufärben sowie Unter- und Durchstreichen on Text simuliert.

Die Aufwände um Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern den sinnvollen Einsatz der Möglichkeiten beizubringen, die Textverarbeitungsprogramme – geschweige denn andere Office-Anwendungen – heute bieten, ist schon erheblich – zumal viele der etwas spezifischeren Werkzeuge nur hin und wieder benötigt werden. Und dann geht das Raten los: „Wo war das nochmal?“

Nun ist es ja nicht so, dass neue Generationen von Office-Anwendungen sich auf ein „höher, schneller, weiter“ und auf ein Mehr an Funktionen beschränken. Nein, das wäre zu einfach. Statt dessen werden auch viele bestehende Funktionen so verändert, dass eingeübte Handgriffe nicht mehr funktionieren. Also müssen sich Anwenderinnen und Anwender mit jeder Generation der Software wieder neu orientieren. Das mag im Sinne eines lebenslangen Lernens zwar ganz schön sein, fördert aber nicht die Produktivität – zumal wenn keine ausreichende Einweisung in die aktuellen Werkzeuge erfolgt. Und bevor die neuen Funktionen die Effizienz steigern – z. B. durch Kollaboration – müssen erst einmal die altbekannten Dinge neu gelern werden. Wenn dann noch ein neues Bedienkonzept realisiert wurde, da nur zu weniger Übersicht und zu viel mehr Mausklicks führt, darf man sich nicht wundern, wenn Unternehmen den Aufwand einer Aktualisierung nicht nur aufgrund der unmittelbaren Update-Kosten scheuen.